Integriert und trotzdem unabhängig
Artikel - Integriert und trotzdem unabhängig
Der Neubau war Bestandteil des Bebauungsplanes Rathausplatz im Zentrum von Baar. Im Bebauungsplan sind die Position und das Volumen des Baukörpers festgelegt. Damit bestand die Aufgabe darin, das definierte Bauvolumen in der Erscheinung von Struktur, Materialität und Farbigkeit in den Bestand der Zentrumsbauten zu integrieren. Ein Hauptaugenmerk lag dabei auf der Fassade. Diese integriert das Gebäude in seine Umgebung und ist trotzdem unabhängig in seinem Auftritt dank der Allseitigkeit des Gebäudes mit feinen Nuancierungen der Vorder- und Rückseite. Der Neubau verhält sich wie ein Teenager, welcher zwar am Familienleben teilnimmt, aber dabei stets auf seine Unabhängigkeit pocht.
Die Fassade sucht die Vertikale
Die hervorstechende Fassade zeigt, dank der eigens entwickelten Keramik und im Zusammenspiel mit dem glatten Beton, starken Charakter. Der Keramik glänzt und wirkt changierend je nach Perspektive und Licht. Damit tritt das Gebäude in einen Dialog mit seinem Betrachter.
Im Bebauungsplan war für diese Wohnüberbauung, im Vergleich zu den umliegenden Bauten, ein Geschoss tiefer vorgesehen. Werknetz Architektur hat diese Vorgaben in der Entwicklung miteinbezogen und nach einem Ausgleich weitergedacht. Entstanden ist ein Gebäude mit einer Fassade, die die Vertikale betont. Die Form der Zargen, die glänzende Keramik und der glatte Beton unterstreichen die Vertikale und betten das Gebäude in seine Umgebung ein. Wie ein Teenager, der sich auf Zehenspitzen reckend grösser macht als er ist.
Die bis zu 4-Meter breiten Zargen wurden in einer Spezialanfertigung an einem Stück gegossen und als Gesamtes angeliefert und angebracht.
Die Allseitigkeit der Fassade – eine Besonderheit der Werknetz Architektur
Das neue Gebäude in Baar fällt als Einheit auf, indem es keine dominante Seite zulässt. Nur in den Nuancen lassen sich definierende Eigenheiten der verschieden ausgerichteten Seiten entdecken. So differenziert sich zur Strasse hin, wo viel Betrieb ist, der Sockelbereich mit massivem Beton. Auf der Rückseite, im eher privaten Bereich, wird die Keramik bis auf die Sockelhöhe heruntergezogen.
Die Allseitigkeit der Fassade ist eine Besonderheit von Werknetz Architektur, die sich wie ein Roter Faden durch die letzten 20 Jahre hindurchzieht:
- Neubau Gesamtschule Flims (1999)
- Einfamilienhaus Via Calanda Domat/Ems (2003)
- Wohnüberbauung edendrei Zürich (2008)
- Mehrfamilienhaus Grossmatt Hergiswil (2013)
- Wohnüberbauung edensieben Zürich (2018)
- Ersatzneubau Bezirksgericht Hinwil (Wettbewerb 2020)
- Einfamilienhaus in Entwicklung (Visualisierung 2022)
Die Unabhängigkeit der Fassade zieht sich weiter – auch nach Innen
Gerade im Städtebau ist der ortsbauliche Anspruch hoch einzustufen und in der Entwicklung in ausgeprägtem Masse zu berücksichtigen. Damit aber auch der innere Anspruch, das Wohlbefinden der Bewohner im Einklang ist, braucht es eine spannende Idee, einen neuen Ansatz und eine kreative Umsetzung, um einen Win-Win für externe, ortsbauliche und interne, bewohnende Ansprüche zu generieren. Das Aufbrechen des Grundsatzes von ‘Form follows Function’ aufgrund überliegender Ansprüche bietet aber immer auch Chancen. Werknetz Architektur sucht diese Chancen stets mit Kompromisslosigkeit und Konsequenz. Damit wird Wert geschaffen: Für den Ort, für dessen Einwohner und schliesslich die Bewohner. Werknetz Architektur hat deshalb ganz bewusst in Baar den Grundriss von der Fassade getrennt. Konkret bedeutet dies, dass in der Fassade nicht zu erkennen ist, ob sich im Raum dahinter eine Nasszelle, ein Schlafzimmer oder der Wohnbereich befindet. In Baar verstecken sich hinter dem einheitlichen Raster der Fassade Büroräumlichkeiten wie auch Wohnungen.